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19.03.2017 (So.)

Das ideale Buch

Es gibt heutzutage eine Flut von Neuerscheinungen. Nur in Deutschland kommen unzählige neue Titel jährlich heraus und die Zahl der lieferbaren Bücher liegt weit über eine Million. Jeder kann heute sein Buch herausbringen, unabhängig von dessen Qualität. Aber wer möchte diese „lieferbaren“ Bücher kaufen und wer liest sie überhaupt? Wie hoch ist die Zahl der Titel, von denen kein einziges Exemplar in einem Jahr verkauft wird? Und wie groß ist der Friedhof für die in Vergessenheit geratenen Bücher?

Nicht mal der Herrgott vermag diese Fragen zu beantworten. Aber die düstersten Vermutungen sind durchaus berechtigt.

Was wäre der Idealfall?

Wenn ein Verleger mal ein Buch herausgeben will, soll er …

1) … nicht nach Quantität, sondern nach Qualität streben:

Er veröffentlicht nur die besten, die allerbesten Manuskripte

(höchstens 0,1 %) von denen, die ihm eingereicht werden.

Er bevorzugt Manuskripte mit geringem Umfang:

die 80 Seiten eines gut geschriebenen Buches können oft mehr Aussage enthalten als die 800 Seiten eines „Bestseller“-Romans.

2) … nur Werke mit moralischen Aussagen bevorzugen:

herzerwärmende Geschichten mit dem gewissen Etwas,

so dass der Inhalt noch lange im Kopf bleibt; Stories über Helden, mit denen der Leser sich identifizieren kann…

„Moralisch“ bedeutet keineswegs „politisch korrekt“ (und umgekehrt)!

Wertvolle Literatur soll sich nicht nach politischen Erwartungen richten.

Ein Buch, das jetzt noch „stimmt“ und sich mehr oder (eher) weniger verkauft, wird nach einigen Jahren vielleicht aus den Bücherregalen verschwunden sein!

3) … nur Geschichten beachten, die Epochen überdauern können:

Geschichten, die die Seele berühren, die den Menschen die Hoffnung wiedergeben, die „etwas Einzigartiges“ vorweisen, die eine gültige Aussage für jedes Land und jede Kultur besitzen.

Wessen literarisches Werk die Essenz– mit dem griechischen Wort: Katharsis – vermissen lässt, dem ist nur eins anzuraten: Hände weg von dem Bleistift, dem Kugelschreiber oder der Tastatur!

Der Effekt der Katharsis besteht darin, dass der Mensch durch das Lesen aus der grauen Welt des Alltags in eine höhere, saubere, gereinigte Welt gehoben wird. Katharsis bedeutet: „gereinigt und befreit werden“. Das ist doch das Ziel des Schreibens oder nicht? Aber leider nur ein Bruchteil der Schreibenden kann dieses Ziel irgendwie erahnen. Und ein guter Verleger sollte ständig auf der Suche nach diesem Bruchteil sein.

Wie kann man die Katharsis leicht verständlich veranschaulichen? Jeder kennt das Märchen:  Gepetto schnitzte aus einem Holzklotz eine Puppe, die er Pinocchio nannte. Pinocchio war so lange seelenlos, bis eine Fee ihn zum Leben erweckte.

Die in den Buchläden stehenden Bücher sind mit leblosen Holzpuppen zu vergleichen: sie sind fast ausnahmslos nutzlos und ohne Leben, im besten Fall nur zum Recycling zu gebrauchen. Nur hervorragende Autoren – die so rar sind wie echte Feen – sind in der Lage, diese mit Leben zu füllen.

Der Verleger sollte also tausend Manuskripte durchlesen, bis er auf eines (o,1 %) stößt, das endlich die Katharsis in ihm auslöst. 

Zwei Bücher mit diesem „etwas Einzigartigen“:

Fischer Verlag 2009

Bastei Lübbe Taschenbuch 2004



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